Die Sprache der Liebe: Der Schlüssel zum gemeinsamen Glück?
Was hält Paare im Innersten zusammen? Seit jeher suchen Psychologen nach der alles entscheidenden Liebesformel. US-Paartherapeut John Gottman hat sie gefunden: Die Art, wie Paare miteinander sprechen, ist der Schlüssel zum Glück. Denn ihre Worte bringen zum Ausdruck, ob sie einander zugewandt sind – oder eben auch nicht …
"Haben wir eigentlich noch Waschmittel im Haus?", fragt eine Frau ihren Mann. "Weiß ich nicht. Aber ich hole schnell welches, falls wir keins mehr haben." Das ist eine Liebeserklärung, sagt der amerikanische Paartherapeut John Gottman. Der Mann demonstriert, ich nehme dich wahr, interessiere mich für dich. Sein ganzes Forscherleben hat Gottman eine Frage getrieben: Was hält ein Paar im Innersten zusammen? In seinem "Liebeslabor", in dem der Pionier der Paarforschung mit der Videokamera Ehepaare auf Schritt und Tritt verfolgt (nur im Bad und Bett sowie zwischen neun Uhr abends und morgens werden die Probanden nicht "bespitzelt"), ist er auf eine Antwort gestoßen: Die beständige Zuwendung im Alltag ist der Stoff, aus dem Intimität entsteht. "Kommunikation ist der endlose Versuch, zueinanderzufinden. Dabei genügen oft nur wenige Worte, um Partner noch fester aneinanderzubinden – oder das genaue Gegenteil zu bewirken", sagt Gottman. Bei den Videoaufnahmen ist er auf fünf Fertigkeiten gestoßen, die glückliche Paare in ihrer Kommunikation miteinander beherrschen. "Wir können sie als Eintrittskarte zur inneren Welt unseres Partners betrachten."
Die Kunst des Zuhörens: Was wir ausdrücken, wenn wir nichts sagen
Bei einer Dinner-Party wurde John Gottman Zeuge eines Gesprächs. Der Mann neben ihm erzählte, wie sein Geländewagen mit Vierradantrieb während eines Schneesturms in einem Graben steckenblieb. "Ich ging ins Haus, um etwas zu holen, das ich unter die Reifen legen konnte", setzte er an. Eine Frau, die neben ihm stand, fiel ihm ins Wort und sagte: "Also, bei diesem Schneesturm waren meine Familie und ich auf der Autobahn in einen Frontalzusammenstoß verwickelt." Der Mann fuhr fort: "Ich holte also eine alte Decke und legte sie unter die Reifen. Das hat funktioniert." Daraufhin wandte Gottman sich an die Frau und fragte: "Mein Gott, Sie hatten einen Frontalzusammenstoß?" Der Schweizer Entwicklungspsychologe Jean Piaget nennt dieses Phänomen einen "kollektiven Monolog". Bei einer Party sind solche oberflächlichen Unterhaltungen normal und harmlos. Sie sind aber auch in Langzeitbeziehungen keine Seltenheit und können dort einigen Schaden anrichten. Denn wenn Partner immer aneinander vorbeireden, können sie die Art von Nähe nicht erreichen, die nötig ist, um eine Bindung zu festigen. Der Schlüssel dazu ist die Kunst des intimen Gesprächs.
Im Video zeigen wir die zehn wichtigsten Pfeiler für eine glückliche, gesunde Beziehung (Artikel geht unten weiter):
"Ein intimes Gespräch setzt nicht voraus, dass wir Konflikte oder heikle Themen diskutieren. Es geht lediglich darum, miteinander zu sprechen", sagt Gottman. "Wir glauben immer, eine Unterhaltung sei nur dann effektiv, wenn wir etwas Interessantes dazu beitragen können. Das Wesentliche ist jedoch, Interesse am Gesprächspartner zu haben und zuzuhören." Zuhören ist eine Form des Liebens. Eine Art, dem anderen gegenüber zum Ausdruck zu bringen, dass das, was er sagt, einen Wert hat, dass es von Interesse ist. Sobald der andere dies erkennt, fühlt er sich respektiert und als Person geschätzt. Der indische Philosoph Jiddu Krishnamurti sagt es so: "Wenn sie wirklich zuhören, dann geschieht dabei ein Wunder. Das Wunder besteht darin, dass Sie ganz bei dem sind, was gesagt wird, und gleichzeitig Ihren eigenen Reaktionen lauschen." Zuhören bedeutet Zuwendung zu dem, der spricht, zu seinen Worten, zu den Gesten, zu seinem Gesichtsausdruck. Zuhören ist ein Akt der Hingabe.
Gemeinsam neue Sphären erobern: warum die Sprache der Liebe in die Tiefe geht
Die Kunst zu lieben bedeutet aber nicht allein, im richtigen Moment die richtigen Worte zu finden. Ebenso bedeutsam ist es, Liebeskiller aus unserem Beziehungs-Vokabular zu streichen. Gottman spricht von den vier apokalyptischen Reitern: 1. Kritik, 2. Abwehr, 3. Verachtung, 4. Mauern, Rückzug.
Wenn die Verachtung erst einmal an einer Beziehung nagt, dann stecken wir bereits tief in einer Negativspirale. Gottman fand heraus, was der Einstieg in diese Spirale ist: "Im ersten Schritt übersehen Paare meist nur die Bedürfnisse ihres Partners, und das tun sie in der Regel gar nicht bewusst, sondern völlig unabsichtlich. Denn häufig formulieren wir unsere Bedürfnisse nicht in Worten, sondern drücken sie lediglich nonverbal aus." Deshalb rät er Paaren, ihre Gespräche miteinander grundsätzlich zu vertiefen. Das gelingt uns zum Beispiel, indem wir offene Fragen stellen, die den Partner dazu ermutigen, sich mitzuteilen, weil er sie nicht mit einem einzigen Wort beantworten kann. "Du wirkst aufgebracht – was ist passiert?" Die Antwort unseres Partners sollten wir am besten mit unseren eigenen Worten wiederholen oder zusammenfassen. Denn wenn wir seine Gedanken und Gefühle auf verständnisvolle Weise spiegeln, ermutigt es ihn dazu, sich weiter zu öffnen. Auf diese Weise dringen wir gemeinsam zu einer ganz anderen Gesprächsebene vor, auf der wir emotionale Verbundenheit und Unterstützung völlig neu erleben. Und plötzlich kommt es vor, dass wir Sätze füreinander beenden, allmählich entwickeln wir kleine Rituale, eine eigene Sprache. Und in dem Moment spüren wir, dass sich eine nicht ausgesprochene Abmachung, die Liebende insgeheim miteinander verbindet, erfüllt. Nämlich füreinander da zu sein, auf den anderen zu achten und ihm das Gefühl von Sicherheit zu geben.
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