Was tun: Entmündigen oder liebevoll Rat geben?
So gehen Sie vor, wenn ein vertrauter Angehöriger rapide abbaut – aber keine Hilfe annehmen will.
Ein älterer Angehöriger baut körperlich und geistig ab. Das Miteinander ist gereizt und vorwurfsvoll, Hilfe möchte der geliebte Mensch nicht annehmen. Stattdessen reagiert er mal trotzig und zornig, mal traurig und antriebslos. Zwei Experten erklären aus medizinischer und psychologischer Sicht, wie Sie die Person erreichen und mit der Belastung umgehen.
Warnsignale erkennen: Das sagt die Ärztin
Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey ist als Gerontologin an der Berliner Charité versiert in der Medikation von Senioren.
Wie Sie krankhaftes von normalem Verhalten unterscheiden
Alterserscheinungen sind oft sehr nah an krankhaften Dingen. Uneinsichtigkeit und Beharrlichkeit sind nicht direkt Warnsignale, der Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit ein normaler Alterungsprozess. Es ist oft schwierig, Übergänge zu erkennen und zu unterscheiden. Deshalb ist eine genaue Beobachtung von Hinweisen wichtig.
Was ist im Umgang wichtig?
Nachsichtig, vorsichtig und unterstützend agieren, auf keinen Fall Probleme verleugnen. Konkrete Fragen zur Selbstreflexion beziehen den Angehörigen mit ein. Zeigt er Einsicht, kann ärztlicher Rat hinzugezogen werden.
Was darf dem Angehörigen zugemutet werden?
Auch ein alter Mensch ist ein Erwachsener und kein Kind! In erster Linie kann er seine Entscheidungen selbst treffen, auch wenn die für Sie nicht direkt einsichtig sind. Selbst mit 90 hat man noch seinen eigenen Willen. Das hat oberste Priorität! Sollte Ihr Angehöriger aber verwahrlosen und nicht für sich sorgen können, ist es eine familiäre Pflicht, einzugreifen.
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Wie Sie geschickt vorgehen
Den Älteren beim Problem abholen und mitnehmen. Sie müssen an dem Punkt ansetzen, wo der Angehörige steht, und ihm die Problematik mit einer Lösung vor Augen führen.
Dürfen Sie sich in Entscheidungen einmischen?
Nein, das steht Ihnen nicht zu, besonders nicht, wenn es sich um eine Beziehung handelt, die nur Ihren erwachsenen Angehörigen etwas angeht. Sie können die Sachlage aber ansprechen und mit seinem Einverständnis angehen. Nur wenn ein konkreter Krankheitsprozess verschlimmert werden könnte, wäre das Eingreifen als Notfall in Ordnung.
So können Sie vorbeugen
Das Beste ist, die Dinge vorher zu regeln, zum Beispiel durch eine Patientenverfügung. Wenn alles geklärt ist, haben Sie später kein schlechtes Gewissen, wenn Sie denjenigen bevormunden müssen.
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Ist es möglich, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen?
Ja, das macht immer Sinn. Selbst wenn der Mensch sich nicht richtig artikulieren kann, müssen Sie versuchen zu verstehen, was er will. Hinzu kommt: Angehörige haben eine lange Geschichte des Miteinanders. Ihre Erinnerungen an den Menschen und sein Wesen sind anders, plötzlich ist er aber nicht mehr in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Da schwingt viel Emotionalität mit. Das macht es schwierig, objektiv zu bleiben. An dem Punkt ist Beratung von außen hilfreich.
Welche Hilfe ist ratsam?
Bestimmte Situationen können zu Hause abgesichert werden. Optimal ist ein Verantwortungs-Mix von mehreren Personen. Was wir aber oft erleben, ist, dass eine Person hilft, bis sie nicht mehr kann. Daher raten wir immer, frühzeitig Hilfe zu holen. Nur weil Sie ihren Angehörigen drei Tage die Woche in eine Tagespflege bringen, sind Sie kein schlechter Mensch! Im Gegenteil: In der restlichen Zeit können Sie wieder ein guter Helfer sein.
Dieser Atikel macht neuen Mut:
Was ist mit dem heiklen Thema Therapie?
Ihr Rat allein hat womöglich nicht genug Kraft, um dem Thema Nachdruck zu verleihen. Jemand Fremdes, wie zum Beispiel der Hausarzt, kann sehr hilfreich sein. Auch im Alter erzielt eine Psychotherapie sehr gute Erfolge.
Depression im Alter: Das sagt der Psychologe
Therapeut Dr. Rolf Merkle gibt auf seiner Homepage psychologische Hilfe bei Problemen und Krisen.
Wieso tritt eine Depression im hohen Alter auf?
Viel verändert sich, Freunde und Partner scheiden aus dem Leben. Das sichere Umfeld existiert nicht mehr.
Gibt es typische Symptome?
Bei negativen Gedanken, Antriebslosigkeit, Selbstvorwürfen, zu viel oder zu wenig Appetit oder Schlafstörungen sollten Sie aufmerksam werden. Ängste und sozialer Rückzug, Freud- und Interesselosigkeit erschweren das Miteinander. Morgens sind die Symptome am stärksten.
Wie gehen Sie mit einem depressiven Menschen um?
Wichtig ist, sich über die Erkrankung zu informieren. Je mehr Sie wissen, desto besser können Sie Ihren Angehörigen unterstützen. Sie müssen ihm nicht alles abnehmen, sollten ihn aber auch nicht überfordern. Es ist wichtig, dass er merkt, selbst noch etwas geregelt zu bekommen. Er braucht Erfolgserlebnisse!
Hilfe will er aber nicht annehmen – und nun?
Bei starkem Rückzug oder gar Selbstmordgedanken, sollten Sie ihm dringend zur Psychotherapie bzw. dem Besuch eines Psychiaters raten. Ist er unsicher, können Sie ihn dahin begleiten.
So zeigen Sie, dass Sie ihn respektieren und gern haben
Sie sollten signalisieren, dass Sie ihn auf dem Weg durch die Depression unterstützen. Auch wenn der Betroffene äußert, dass Hilfe nichts bringt – es tut ihm gut, zu wissen, dass ihm jemand zur Seite steht und Halt gibt.
Sie wollen mehr über die Altersdepression erfahren? Lesen Sie hier mehr:
Wichtig ist: Sie müssen sich abgrenzen können!
Sportliche und kreative Betätigung ist ein guter Ausgleich. Der Austausch mit anderen Betroffenen oder einer Vertrauensperson kann aufbauen.
Tipp: Infos und Unterstützung zum Thema gibt zudem das Bundesgesundheitsministerium.
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