Charme-Offensive

So bleiben Sie schlagfertig und dennoch sympathisch

Hier heftig überreagiert, dort nach den richtigen Worten gesucht – wie schafft man es bloß, souverän, schlagfertig, diplomatisch und zugleich sympathisch heikle Situationen zu meistern?

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Wie kann man klare Ansagen machen, ohne sich im Ton zu vergreifen? Wie im Job Vorteile einfordern, ohne einen Korb zu kassieren? Wie andere in ihre Schranken weisen, ohne einen Eklat zu riskieren? Berater, die anderen zum Erfolg verhelfen, und Top-Führungskräfte müssten es doch wissen. Deshalb habem wir einen Coach, eine Schauspielerin und eine Managerin gebeten, ihre Strategien zu erklären.

"Haltung statt Härte", empfiehlt Coach Regina Förster

Regina Först vermittelt unter anderem, wie Ausstrahlung zum Erfolgsfaktor wird. Andere für sich zu gewinnen – gerade in Konfliktsituationen – setzt innere Klarheit voraus, weiß sie:

"Ich muss wohl härter auftreten", meinte kürzlich eine Klientin im Coaching. Sie war aus ihrem Team heraus in eine leitende Position aufgestiegen – und nun haperte es in Sachen Durchsetzungsvermögen. Mitarbeiter zu kritisieren oder deutliche Anweisungen zu geben, war jetzt Teil ihres Jobs. Und das verursachte ihr Unbehagen; sie fühlte sich zu wenig ernst genommen. Ich ließ sie genauer schildern, welche Erwartungen sie an solche Situationen hat, was ihr dabei durch den Kopf geht. Schnell kam heraus, dass sie Angst hatte, sich unbeliebt zu machen und auf ihrer neuen Position ins Abseits zu geraten, wenn sie eine rauere Tonart anschlagen würde. Deshalb scheute sie die Härte, ohne die es ihr – wie sie glaubte – aber an Durchsetzungskraft mangelte. In diesem Dilemma fühlen sich gerade Frauen häufig gefangen. Dabei ist die Lösung einfacher, als sie glauben. Denn ein barsches Auftreten ist weder notwendig noch effektiv, wenn man Menschen in Konfliktsituationen für sich gewinnen will. Der Schlüssel ist vielmehr die persönliche Haltung. Bin ich selbst klar mit der Botschaft, mit der ich meinen Gesprächspartner konfrontiere? Gehe ich auf ihn oder sie in der Überzeugung zu, dass das, was ich zu sagen habe, die Dinge voranbringt? Oder bin ich von einer negativen Erwartung geleitet wie"'Er wird bestimmt wieder beleidigt sein" oder "Hinterher bin ich sowieso die Böse"? Wer 100-prozentig hinter seinen Worten steht, bekommt ganz von selbst Überzeugungskraft. Wem aber die innere Klarheit fehlt, eiert herum. Das kennen Eltern nur zu gut. Etwa, wenn es darum geht, ihr Kind pünktlich zu Bett zu bringen: Würde es Mama eigentlich selbst später besser passen, weil sie noch beschäftigt ist, wird das Kind das spüren und ausnutzen. Hat sie dagegen keinen Zweifel, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, strahlt sie aus, dass da kein Raum für Diskussionen ist.

Und noch etwas ist wichtig zu wissen für ein überzeugendes Auftreten: Zwischen uns und unseren Gesprächspartnern besteht immer eine Wechselwirkung. Unser Gegenüber spiegelt wider, was wir ausstrahlen. Auf das Thema Kritik bezogen, bedeutet das: Wenn ich selbst Kritik als persönlichen Angriff betrachte, werde ich sie kaum als etwas Positives rüberbringen können. Wenn ich aber Kritik als ein Mittel zur Verbesserung verstehe, werde ich nicht auf Widerstand treffen – sondern als jemand respektiert, der Orientierungshilfe gibt.

Schauspielerin Mona Klare rät: "Maske runter, Gefühle raus"

Mona Klare ist Schauspielerin. Die Auftritte im Alltag, die man leicht verpatzen kann, vergleicht sie mit Improvisationstheater:

Neulich im Café: Kurz bevor meine Freundin und ich dort ankamen, war ein Streit zwischen uns entflammt. Wir setzten uns – und schwiegen uns an. Zwei lange Minuten hielten wir die Stille aus. Dann die entscheidende Frage: "Und was bestellen wir jetzt?" Für mich ein schönes Beispiel, wie sich eine unangenehme Situation charmant auflöst. Leider gibt es kein Patentrezept dafür, wann was richtig ist: zu schweigen, zu reden, zu lachen. Zumal wir, wenn es drauf ankommt, blitzschnell reagieren müssen – ähnlich wie bei einem Improvisationstheater. Nehmen sich die Schauspieler vor, originell zu sein, gelingt es garantiert nicht. Schlagfertigkeit und Humor kann man nicht planen. Beides setzt eine innere Lockerheit voraus. "Tu das, was naheliegt", lautet deshalb das Erfolgsrezept auf der Impro-Bühne, das sich prima auf Alltagssituationen übertragen lässt. Was also liegt nahe? Gefühle! Zu schweigen, wenn einem die Worte fehlen, oder zuzugeben, dass man gekränkt oder überrascht ist: Das bringt einen in den Hochstatus, was im Schauspieljargon die starke Position bedeutet. Deshalb ist es auch souverän (und nicht unhöflich!), Nein zu sagen, wenn der innere Impuls Ablehnung ist. Ich stehe sogar auf dem Standpunkt, dass ein einzelnes Nein ausreicht als Reaktion auf eine ungeliebte Bitte oder eine Aufgabe, die das persönliche Zeitkontingent sprengt. Doch das erfordert Mut. Die gefühlvollere Variante wäre: "Es ist mir unangenehm, aber ich muss ablehnen." Punkt – und bitte keine weiteren Erklärungen zur Rechtfertigung. Denn ein verwässertes Nein ist oft das, was die Situation erst schwierig macht.

Claudia Beermann punktet mit Wiener Charme: "Eloquenz siegt"

Seit acht Jahren steht eine Deutsche an der Spitze des österreichischen Tourismuskonzerns FMTG: Claudia Beermann, bekennender Fan des berühmten Wiener Charmes:

Wenn ich an kluge, souveräne Mitarbeiter denke, fällt mir ihre Art zu kommunizieren ein: strukturiert, klar und empathisch. Ich halte eine direkte, aber wertschätzende Kommunikation für unverzichtbar neben fachlicher Kompetenz. Und Charme darf durchaus auch im harten Business zum Einsatz kommen. Hier in Österreich sowieso, wo schon die Sprache mit ihren "bisserl" und "-chen" weich und nett klingt – auch wenn in der Sache genauso hart verhandelt wird wie in Deutschland!

Als es in unserem Unternehmen um die Besetzung eines Postens im Personalbereich ging, plädierte mein österreichischer Vorstandskollege explizit für die "charmantere" Bewerberin. Auch ich halte Charme – und damit meine ich keine hohlen Komplimente! – für ein wunderbares Mittel, um Gesprächspartner für ein Vorhaben zu öffnen. Wenn ich bei jemandem etwas erreichen will, etwa mehr Gehalt, ist es immer sinnvoll, die Stimmung zu Beginn durch Smalltalk aufzulockern. Am besten, indem man ein unverfängliches Thema aus dem Arbeitsalltag aufgreift oder Bezug auf ein früheres Gespräch nimmt. Dann gilt es, in wenigen Sätzen sein Anliegen vorzubringen, ohne plump zu fordern. Das funktioniert elegant in Form einer Frage: "Welche Möglichkeiten habe ich Ihrer Meinung nach in diese Gehaltsregion zu kommen?" So zeigen Sie, dass Sie für mehr Gehalt auch mehr leisten wollen.

In manchen Situationen empfehle ich allerdings, ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen: zum Beispiel bei eigenen Fehlern. Ich musste vor Kurzem einer Dame, der ich selbst eine attraktive Stelle im Haus angeboten hatte, absagen, weil sich während des Suchprozesses eine noch besser geeignete Kandidatin präsentierte. Ich hatte versäumt, ihr rechtzeitig zu sagen, dass es eine weitere interessante Kandidatin gibt. Da half nur Ehrlichkeit – und das Angebot, ihre Jobsuche mit einer guten Referenz zu unterstützen.

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