So eng hängen Herz und Seele zusammen
Forscher der Uniklinik Marburg haben herausgefunden, dass Patienten, die einer Herz-Operation positiv gegenüberstehen, bessere Heilungschancen haben.
Auf den ersten Blick ist es seltsam - aus medizinischer Sicht ist das Herz ein einfaches Organ, ein Muskel, der den Körper mit Blut versorgt. Das Gehirn dagegen ist unfassbar komplex und bis heute nicht komplett erforscht - und doch hat das Herz für uns eine viel größere Bedeutung. Es schlägt uns bis zum Hals, wenn wir aufgeregt sind, es "bricht" wenn wir enttäuscht werden. Das Herz ist quasi eine direkte Verbindung zur Seele. Auf dieser Grundlage basieren die Forschungen einer Gruppe von Wissenschaftlern an der Philipps-Universität Marburg.
Worum geht es in der Studie?
Befürchten wir also vor einer Herz-Operation das Schlimmste und sind wir eher negativ eingestellt, so werden wir es nach dem Eingriff schwerer haben, wieder auf die Beine zu kommen. "Wir wussten, dass negative Erwartungen die Prognose von Patienten nach einer Herz-OP verschlechtern können. Wir haben einfach den Spieß umgedreht und gesagt: Wenn wir die Erwartungshaltung schon vor dem Eingriff verbessern, könnten die Patienten davon profitieren", sagt der Psychologe Winfried Rief, der an der Studie federführend beteiligt war, gegenüber Zeit.
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Wie wurde die Studie durchgeführt?
Die Studie wurde mit 124 Patienten durchgeführt, denen eine Bypass-Operation bevorstand. Es gab drei Gruppen: Die erste Gruppe wurde vor dem Eingriff von einem Psychologen betreut, der mit ihnen Pläne für die Zeit nach der Operation machte und Ziele setzte. "Sie haben mit den Psychologen überlegt, wie sie diese Ziele erreichen wollen, welche Probleme auf dem Weg auftauchen könnten und wie sie damit umgehen", erklärt Rief.
Die zweite Kontrollgruppe führte keine Vorgespräche mit einem Psychologen. Die dritte Gruppe bekam vor der Operation zwar eine psychologische Unterstützung, allerdings ging es dabei nicht um die Zukunft, sondern darum, wie sich die Patienten vor dem Eingriff fühlten.
Welche Erkentnisse haben die Forscher gewonnen?
Das Ergebnis der Studie: Die Patienten der ersten Gruppe fühlten sich ein halbes Jahr nach der Operation weniger stark beeinträchtigt im alltäglichen Leben und fitter und glücklicher, als die Teilnehmer der Kontrollgruppe, die keine Vorgespräche mit den Psychologen geführt hatten. "Die Studie zeigt, was für ein machtvolles Instrument das Gefühl der Selbstwirksamkeit sein kann. Das ist die Gewissheit, die bevorstehenden Herausforderungen einschätzen und meistern zu können", sagt Christian Albus, Leiter der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie an der Uniklinik Köln dem Magazin Zeit. "Patienten die so vorbereitet werden, gehen mit einer ganz anderen inneren Haltung in die OP, und sie kommen besser wieder heraus."
Wie wird sich die Behandlung in Zukunft verändern?
Eine weitere Erkenntnis der Forscher: Nicht nur der Psyche, sondern auch dem Körper haben die Vorgespräche geholfen. Bei den Patienten der ersten Gruppe schüttete der Körper nach der Operation messbar weniger Stresshormone aus und die Entzündungswerte waren geringer. Die Marburger Wissenschaftler wollen weiter forschen - in der nächsten Studie soll es darum gehen, ob ihr Konzept im größeren Rahmen funktioniert. "Wenn es sich bewährt, sollte man darüber nachdenken, ob man kurze psychologische Vorgespräche in das Routineprogramm vor einer Herzoperation aufnimmt", stellt Christian Albus in Aussicht.
Eine wichtige Erkenntnis ist es also, die die Marburger Wissenschaftler gewonnen haben. Vielleicht helfen sie damit vielen Menschen, nach einer Operation wieder besser auf die Beine zu kommen - und mit gesundem Herz und gesunder Seele in eine positve Zukunft blicken zu können.
Autor: Carolin Ostrowski
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