Versöhnung mit den Eltern: Kann und soll ich ihnen vergeben?
Wer Zuhause Lieblosigkeit und Verletzungen erfahren hat, tut sich mit der Versöhnung schwer. So finden Sie Frieden.
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Sie sind die Menschen, die uns prägen: Vater und Mutter bringen uns erst ins Leben und schicken uns dann im besten Fall stark und selbstbewusst in die Welt. Doch es gibt auch Eltern-Kind-Beziehungen, die äußerst schwierig sind. Weil der Vater nie da war, die Mutter zu oft ausgeflippt ist - oder Schlimmeres. Dann bleiben statt Liebe, Vertrauen und Sicherheit nur tiefe Narben auf der Seele. Meist auf beiden Seiten ...
Das Fatale: Die Beziehung zu den Eltern prägt uns, im Guten und eben auch im Schlechten. Wer als Erwachsener gierig sei, habe oft das Gefühl, als Kind nicht genug bekommen zu haben, schreibt der Freiburger Psychologe Bertold Ulsamer. Daher ist es sinnvoll, sich mit den Eltern auszusprechen - für den eigenen Frieden. Die Versöhnung ist eine letzte Chance das zu kitten, was in der Kindheit kaputt gegangen ist. Doch wie kann man Frieden finden, ohne sich selbst zu verraten?
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Ein klärendes Gespräch wäre dann ideal - in freundlicher Atmosphäre, ohne Vorwürfe, so der Experte. Allerdings: "95 Prozent der Eltern schaffen das nicht", sagt Bertold Ulsamer. Schließlich geht es nicht um einen kleinen Fehler, sondern um Lieblosigkeit, Verletzungen und tiefe Enttäuschung.
Die ersten Schritte zur Versöhnung mit den Eltern
Sein Rat: Einen Brief schreiben, ohne in abzuschicken. Alleine das Aufschreiben hilft, sich einzugestehen, dass man in der Kindheit verletzt wurde. Und erst wenn man zugibt, dass ein Erlebnis schlimm war, kann man beginnen, die Situation zu klären. Dabei hilft auch, so der Experte, die Eltern nicht mehr aus den Augen eines Kindes zu sehen, sondern eher wie ein Freund: Wie lief ihr Leben ab, wie war ihre Kindheit, welche Schicksalsschläge gab es? So kann man als Kind leichter Verständnis für das Verhalten von Vater oder Mutter aufbringen - und vergeben.
Sehen Sie hier, wie Sie generell besser mit Enttäuschungen umgehen können (Artikel geht unten weiter):
Dieser Weg ist nicht einfach, da sind sich die Experten einig. Denn: Als Kind mit der Verachtung der eigenen Eltern zu leben - das ist das Schwerste, was es gibt. Es ist eine "existentielle Verletzung", sagt Gesine Palmer, Religionsphilosophin und Trauerrednerin. Auch deshalb gibt es keine Pflicht zur Versöhnung, da ist sich die Religionsphilosophin sicher. Auch nicht, wenn es nur noch diese eine Chance gibt. "Man muss sich mit den Eltern vor deren Tod nicht versöhnen. Da bin ich ganz klar. Es gibt kein Recht auf Vergebung."
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Wenn es doch zu diesem letzten Treffen kommt, sollte man sich vorbereiten - und den eigenen Standpunkt nicht verlassen. "Man sollte das Gefühl haben, dass man stark war und verziehen hat. Und nicht, dass man kapituliert hat und sich hat erpressen lassen", so Gesine Palmer. Dann kann man wirklich verzeihen - und irgendwann auch vergessen ...
Wo Betroffene Informationen, Rat & Hilfe finden
Für Betroffene kann eine Selbsthilfegruppe gut sein. Dafür können sie sich an die Einrichtung NAKOS wenden - die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen. Auch eine Therapie kann helfen. Die Hilfe von Familienberatungsstellen ist in der Regel kostenlos. Einen Therapeuten kann man im Internet zum Beispiel unter www.netzwerk-familientherapie.de finden.
Buch-Tipp: 'Inneren Frieden finden mit den Eltern - 7 Schritte zur Versöhnung' von Bertold Ulsamer (Kösel-Verlag, 19,99 Euro).
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