Jutta Speidel: "Ich liebe und schätze jede Falte an mir"
Schauspielerin Jutta Speidel spricht über Falten, ihre Tipps, um jung zu bleiben, den größten Spaß ihres Lebens und ihr Oma-Glück.
Am 26. März 2020 feiert Schauspielerin Jutta Speidel ihren 66. Geburtstag. Zuletzt war sie an der Seite von Hannelore Elsner († 76) und Uschi Glas (76) in dem emotionalen Spielfilm 'Club der einsamen Herzen' zu sehen. Im Interview mit 'Das neue Blatt' hat die Schauspielerin im Juni 2019 über Einsamkeit, Liebe, Freundschaft, Neuanfänge und das Älterwerden gesprochen. Zum Tod ihrer Kollegin Hannelore Elsner wollte sich Jutta Speidel damals nicht äußern.
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Wann sind Sie einsam?
Ich bin nicht einsam. Ich war es nie, in meinem ganzen Leben noch nicht – und ich werde es auch nie sein. Dafür sorge ich schon. Denn Einsamkeit ist auch immer selbst gestrickt. Ich brauche nicht die Gesellschaft von anderen, absolut nicht. Und es ist mir auch – ich schwöre es Ihnen – nie langweilig.
Träumen Sie davon, noch einmal die große Liebe zu finden?
Nein, ich hatte drei große Lieben in meinem Leben, und die habe ich gelebt. Ich bin nicht auf der Suche.
Funkstille unter Freunden – kennen Sie das?
Ich bin in meiner Jugend mal einen anderen Weg gegangen, und ich hatte sehr enge Freunde, männliche, die das nicht kapiert haben. Dann dachte ich mir: Na gut, ich werde mich euretwegen nicht verbiegen. Wenn ich mir die heute angucke, habe ich mit denen auch nichts mehr gemein. Das sind solche Spießer, dass ich gar nicht weiß, was ich mit denen reden sollte (lacht).
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Wann hatten Sie den größten Spaß in Ihrem Leben?
In den 70ern! Damals waren wir völlig wild und unglaublich frei – angstfrei! Wir haben das Leben geliebt, sind auf die Straße gegangen, haben für alles Mögliche demonstriert. Ich verstehe nicht, warum es von der heutigen jungen Generation keine schlichte Dankbarkeit gibt. Viele gehen auf die Straße, aber bei Weitem nicht genug. Die jungen Menschen orientieren sich an so blöden Frauengestalten, Influencern – also was Verdummenderes habe ich wirklich nie erlebt. Wirklich grauenhaft!
Hannelore Elsner singt im Film das Lied 'Lebe ein zweites Mal und dann lebe voll und ganz'. Wie leben Sie voll und ganz?
Mit Neuanfängen! Aus alten Strickmustern ausbrechen, auf zu neuen Ufern – das ist mein Motto. Für die eigene Entwicklung ist das absolut notwendig.
Uschi Glas sagt den Satz "Essen ist der Sex des Alters."
Dass das ausgerechnet eine spindeldürre Kollegin sagt, da habe ich schon sehr grinsen müssen (lacht). Die Uschi hat in ihrem ganzen Leben, glaube ich, nie so über die Stränge geschlagen, was Essen angeht, wie andere. Ich würde den Spruch nicht unterschreiben. Ich war schon immer ein Mensch, der gerne isst und auch sinnlich ist, aber ich bin nie dick gewesen. Ich passe schon auf meine Figur auf. Wenn ich mir bei „Sex des Alters“ so schwerbäuchige Männer vorstelle, die sagen: „Ich habe keinen Sex mehr, ich esse jetzt nur noch“ – das finde ich unattraktiv.
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Was sind Ihre Tipps, um jung zu bleiben?
Offen sein – weltoffen. Sich einsetzen für andere, das hält jung. Und zornig bleiben!
Inwiefern zornig?
Im besten Sinne. Ich meine damit, sich nicht mit allem zufriedenzugeben.
Ist Ihr Leben perfekt?
Nein. Probleme und Herausforderungen gibt es jeden Tag. Die packe ich an den Hörnern und mache das Beste daraus.
Ihre positive Einstellung zur natürlichen Schönheit ist berühmt. Ist Botox für Sie kein Thema?
Wo soll ich denn da anfangen? Ich altere ja von oben bis unten. Soll ich an der Kniekehle anfangen, mich liften zu lassen? Wenn ich mein Gesicht straffen würde, wie schaute das zu meinen Händen und meinem Dekolleté aus? Nö, das brauche und will ich alles nicht. Ich liebe und schätze jede Falte an mir. Älterwerden ist schön und bereichernd.
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Fangen Ihre Töchter mittlerweile an, Sie zu bemuttern?
Die sollten sich das nicht trauen (lacht). Ich hätte mich das bei meiner Mutter auch nicht getraut. Meine Töchter wissen, dass ich sehr eigenständig bin. Wenn sie sich wie meine Filmtöchter verhielten, würde ich mich fragen: Was habe ich in meinem Leben falsch gemacht?
Wie gefällt es Ihnen, stolze Oma zu sein?
Ich liebe es! Der einzige Unterschied zwischen Mama und Oma ist der, dass man das süße Kerlchen wieder in die Arme der Mama zurückdrücken und rufen kann: Tschüss, bis bald! (lacht). Das ist der große Vorteil.
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In einer Szene mit Hannelore Elsner vergleichen Sie beide Ihre Leben – was Sie schon alles erreicht haben.
Ich würde anderen nie vorhalten, dass sie nichts auf die Reihe kriegen. Außerdem hat meine Rolle Helga als Mutter und Oma ja nicht wirklich wahnsinnig viel erreicht. Kinder zu kriegen ist eine schöne Sache, wenn es hinhaut – wunderbar! Ich halte aber nichts davon, wenn man mit sich selbst angibt. Da denke ich immer: Hochmut kommt vor dem Fall!
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