Makuladegeneration: Heilbar durch Netzhaut-Transplantation?
Eine der häufigsten Ursachen für Erblindung in Deutschland bei Menschen über 50 ist die altersbedingte Makuladegeneration. Insgesamt betrifft es hierzulande ungefähr zwei Millionen Menschen.
- Was ist eine Makuladegeneration?
- Ursachen für die altersbedingte Makuladegeneration
- Was sind Symptome von Makuladegeneration?
- Therapien bei Makuladegeneration: So wird die AMD behandelt
- Aktuelle Forschungen zur AMD: Neue Hoffnung für Patienten
- Heilung durch Stammzellen
- Aktueller Stand zur Netzhauttransplantation bei AMD
Was ist eine Makuladegeneration?
Bei der Makuladegeneration oder auch Makulopathie handelt es sich um eine Gruppe von Netzhauterkrankungen des Auges bei der die lichtempfindlichen Zellen der äußeren Retinaschicht beschädigt werden, sodass die Sehfähigkeit immer weiter abnimmt. Dies kann bis hin zur völligen Erblindung führen.
Die häufigste Form ist die altersbedingte Makuladegeneration (AMD). Mediziner*innen unterschieden hierbei zwei weitere Unterformen. Bei der trockenen Makuladegeneration handelt es sich um einen schleichenden Prozess. Ablagerungen von Stoffwechselendprodukten und eine gestörte Durchblutung der Aderhaut führen zu einem Netzhautzelltod. Die Sehzellen der Netzhaut verlieren im Punkt des schärfsten Sehens ihre Funktion. Durch die Ablagerungen wölbt sich die Makula auf und die Betroffenen sehen zunehmend verschwommen oder verzerrt. Von dieser Form sind rund 80 % betroffen.
Bei der feuchten Makuladegeneration bilden sich ausgelöst durch einen Botenstoff krankhafte Blutgefäße, die die Netzhaut mit Nährstoffen versorgen wollen. Die instabilen Gefäße können in die Netzhaut hineinwachsen und Flüssigkeit verlieren - ein Makulaödem entsteht. Die Netzhautmitte schwillt an und es können sich Narben herausbilden, die zu einer rapiden Verschlechterung der Sehkraft führen. Wir diese Form jedoch in einem frühen Stadium erkannt, bestehen gute Behandlungsmöglichkeiten.
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Ursachen für die altersbedingte Makuladegeneration
Bei Betroffenen kann das Gewebe im Auge im höheren Alter seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen. Die Makuladegeneration entsteht dadurch, dass anfallende Stoffwechselprodukte, die durch die chemischen Reaktionen des Sehvorgangs entstehen, nicht abgebaut werden können. Vor allem Gendefekte spielen dabei eine große Rolle. Einer davon ist dafür verantwortlich, dass es in der Netzhaut zu kleinen weißlich-gelben Partikel-Ablagerungen kommt. Diese werden auch Drusen genannt. Die Folge daraus ist, dass die Betroffenen immer schlechter sehen oder sogar erblinden können. Nach bisherigem Stand der Wissenschaft erkranken Frauen häufiger als Männer. Außerdem soll das Risiko bei Menschen mit heller Haut und blauen Augen erhöht sein.
Weitere Risikofaktoren, neben einer genetischen Prädisposition, sind unter anderem:
Belastung des Auges durch UV-Strahlung
Rauchen (Risiko verdreifacht sich)
Augenerkrankungen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Vitaminarme Ernährung
Was sind Symptome von Makuladegeneration?
Die altersbedingte Makuladegeneration ist schmerzlos und tritt, wie bereits oben beschrieben, in zwei Formen auf: Die häufigste ist die trockene Makuladegeneration. Hier entwickelt sich die Sehstörung langsam. Zuerst fallen das Lesen und andere Arbeiten schwerer, da die Sehschärfe immer mehr abnimmt.
Deutlich seltener, aber auch schwerwiegender, ist die feuchte Form. Sie führt schnell zum Verlust des zentralen Sehens und behindert die Betroffenen dadurch sehr. Ein Anzeichen für die feuchte Makuladegeneration ist, dass gerade Linien verbogen erscheinen. Im fortgeschrittenen Stadium werden nur noch die äußeren Bereiche das Sichtfelds wahrgenommen, die Mitte ist ein dunkler Fleck. Die feuchte Form geht in der Regel aus der trockenen hervor - wann und ob es dazu kommt kann man aber nicht vorhersagen.
Bemerken Sie in Ihrem natürlichen Alltag eines oder mehrere der folgenden Symptome, sollten Sie unbedingt Ihren Augenarzt kontaktieren:
Plötzliche oder schleichende Verschlechterung der Sehschärfe
Verstärkte Lichtempfindlichkeit
Vermindertes Kontrastempfinden (Linien sind nicht mehr gerade sondern gewölbt)
Vermindertes Farbensehen
Erhöhter Lichtbedarf
Verminderte Anpassung an verschiedene Helligkeitsstufen
Erfahren Sie im Video, was schwarze Punkte im Auge bedeuten: (Der Artikel geht unter dem Video weiter)
Therapien bei Makuladegeneration: So wird die AMD behandelt
Die Erkrankung kann bis heute noch nicht geheilt werden, es ist bislang nur eine symptomatische Behandlung möglich. Hierfür gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten, die das Fortschreiten der Netzhaut-Erkrankung verlangsamen. Für die trockene Form der Makuladegeneration gibt es bislang keine wirksame Therapie, auch wenn sie in seltenen Fällen spontan zum Stillstand kommen kann. Die Patienten erhalten dann bestimmte Sehhilfen, mit denen sie wieder lesen und arbeiten können. Die feuchte Form lässt sich zum Beispiel durch Spritzen ins Augeninnere mit bestimmten Medikamenten verlangsamen. Folgende Therapieansätze können bei der altersbedingte Makuladegeneration zum Einsatz kommen:
Injektionsbehandlung: Medikamente können bei der feuchten AMD unter örtlicher Betäubung direkt in den Glaskörper injiziert werden, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen oder positiv zu beeinflussen. Die eingesetzten VEGF-Hemmer sorgen dafür, dass das Wachstum von unerwünschten Blutgefäßen und Ödemen im Auge reduziert wird. Auch wenn sich die Medikamente in den vergangenen Jahren um ein Vielfaches verbessert haben, müssen Betroffene eine regelmäßige Behandlung in ihren Alltag integrieren. Je nach Medikament muss die Injektion alle vier bis acht Wochen wiederholt werden.
Laser-Therapie: Befindet sich die Makuladegeneration nicht direkt im Zentrum des schärfsten Sehens, können undichte Blutgefäße mit dem Laser verödet werden. Laser kommen bei der feuchten AMD jedoch mittlerweile eher selten zum Einsatz, weil die Makula beim Einsatz geschädigt werden könnte.
Nährstoffkombinationen: Wissenschaftliche Studien konnten belegen, dass eine Kombination aus antioxidativen Vitaminen, Zink und Kupferoxid eine positive Wirkung auf die trockene Form der AMD hat.
Lutein und Omega-3-Fettsäuren: Die Einnahme soll die trockene Makuladegeneration ebenfalls positiv beeinflussen.
Sollte bei Ihnen die altersbedingte Makuladegeneration diagnostiziert worden sein, lassen Sie sich von Ihrem Augenarzt oder Ihrer Augenärztin umfassend über mögliche Therapieformen aufklären und beraten.
Aktuelle Forschungen zur AMD: Neue Hoffnung für Patienten
Forschern an der Uni Tübingen gelang in den letzten Jahren ein kleiner Durchbruch in der Erforschung altersbedingter Makuladegeneration, was die Behandlung der trockenen AMD anbetrifft. Das Faktor H assoziierte Eiweiß 4 (FHR4) konnte im Laufe von Studien im Blut von AMD-Patienten verstärkt festgestellt werden. Professor Simon Clark vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Tübingen hat in Nature Communications diese Erkenntnisse auf den Punkt gebracht: "Diese Studie ändert grundlegend unser Verständnis davon, wie die Komplementaktivierung die AMD vorantreibt. Bisher wurde nur auf die Rolle der FHR-Proteine geschlossen. Die neuen Untersuchungen zeigen aber einen direkten Zusammenhang. Damit kommen wir der Behandlung dieser schweren Augenerkrankung einen greifbaren Schritt näher." Durch eine Reduktion der FRH4-Mege im Blut, soll die Komplementkontrolle im Auge der Betroffenen wiederhergestellt und die Erkrankung dadurch positiv beeinflusst werden.
Heilung durch Stammzellen
Auch wenn die AMD bisher in ihrem Fortschreiten verlangsamt werden konnte, ist eine komplette Heilung bislang nicht möglich. Forscher versuchen deshalb schon länger, die Möglichkeit der Transplantation von gesundem Gewebe zu erforschen. Erkenntnisse aus den letzten Jahren zeigen, dass Netzhautgewebe aus Stammzellen oder sogar Haut-Bindegewebszellen hergestellt und in das erkrankte Auge transplantiert werden könnte.
In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass mithilfe von embryonalen Stammzellen funktionsfähige RPE-Zellen im Labor erzeugt und als Gewebeflicken auf die Netzhaut transplantiert werden konnten. Es ist jedoch bislang unklar, wie lange die transplantierten Flicken auf der Netzhaut halten und wie sinnvoll der Einsatz von embryonalen Stammzellen ist, weil diese möglicherweise krankhafte Wucherungen hervorbringen können. Auch wenn es mittlerweile eine Vielzahl an Studien gibt, in denen AMD-Patient*innen mit einer Stammzellen-Therapie behandelt werden, wird es noch einige Jahre dauern, bis das Therapieverfahren flächendeckend angewendet werden kann.
Aktueller Stand zur Netzhauttransplantation bei AMD
Forscher*innen arbeiten stetig daran, die Stammzellentherapie weiterzuentwickeln. So gibt es weitere Studien, bei denen adulte Stammzellen zum Einsatz kommen, die den Betroffenen zuvor aus dem Blut entnommen werden.
Eine US-amerikanische Studie mit Mäusen, die im Fachmagazin 'Nature' veröffentlich wurde, hat 2020 ergeben, dass in der Zukunft vielleicht sogar ganz auf den aufwändigen Einsatz von Stammzellen verzichten werden kann. Aus Haut-Bindegewebszellen erzeugten die Forscher*innen mithilfe von fünf chemischen Verbindungen Ersatz-Lichtsinneszellen, die den Mäusen auf die Netzhaut transplantiert wurden. Die chemische Umprogrammierung der Zelle geht wesentlich schneller, sodass die Zellen nach rund zehn Tagen zur Transplantation bereit waren. Nachdem die chemisch induzierten Photorezeptorzellen den Mäusen transplantiert wurden, zeigten sechs der 14 Mäuse bereits nach wenigen Wochen erste Pupillenreflexe bei schwachem Licht.
Zuvor hatten weitere Studien bereits zeigen können, dass bei Mäusen transplantierte Stammzellen vollständig mit der Netzhaut verwachsen können. Die zuvor blinden Mäuse könnten daraufhin wieder Lichtsignale wahrnehmen.
Ob die Transplantation von gezüchtetem Netzhautgewebe schon bald auch beim Menschen erfolgreich eingesetzt werden kann, ist bislang noch unklar. Bei den neuesten Erkenntnissen handelt es sich um eine junge Forschung, die intensiv weiter betrieben werden muss, um dazu genaueres sagen zu können. Auch wenn die Augen-Medizin mit jeder neuen Erkenntnisse einen großen Schritt weiter kommt, wird es aller Voraussicht nach noch eine Weile dauern, bis beide Formen der altersbedingten Makuladegeneration erfolgreich geheilt werden können.