Bewegende Beichte

Schicksal der Woche: "Mein erwachsener Sohn liebt Kinder"

Michaela (63) hütet ein dunkles Geheimnis: Ihr Sohn Tom (41) hat eine Sexualstörung, von der niemand wissen darf: Er ist pädophil.

Eine Mutter ist verzweifelt als sie erfährt, dass ihr Sohn pädophil ist
Michaela ist am Boden zerstört, als sie hinter Toms dunkles Geheimnis kommt. Foto: iStock/ Giselleflissak/ Liebenswert-Collage
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In unserer Rubrik 'Schicksal der Woche' berichten Menschen anonym über sensible Themen, die sie bewegen. Liebenswert befragt nachträglich einen Experten zu diesem Thema: Was kann man in einer solchen Situation machen, worauf sollte man unbedingt achten und was ist ein absolutes No-Go?

Das Schicksal dieser Woche: Eine Mutter, deren erwachsener Sohn auf Kinder steht.

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Wie es sich für Michaela* als Mutter anfühlt, dass der eigene erwachsene Sohn eine unaussprechliche Sexualstörung und sexuelle Anziehung zu Kindern hat, von der aber niemand wissen darf, erzählt sie hier:

Mir fehlen noch immer die Worte, um darüber richtig mit jemandem zu sprechen. Als ich das erste Mal die Spuren von Toms* abartigen, sexuellen Vorliebe – diese furchtbaren Bilder von unschuldigen Kindern entdeckte, hatte ich nur noch einen einzigen Gedanken: Er kann nicht mehr mein Sohn sein.

Ich kann es mir bis heute nicht erklären. Scheinbar war ich wohl viele Jahre völlig blind. Hätte ich es womöglich frühzeitig erahnen können, dass Tom eines Tages eine solch verstörende sexuelle Vorliebe hat? Heute weiß ich, dass Pädophilie eine Sexualstörung ist. Und Tom sich damit auch absolut nicht wohl fühlt. Er schämt sich dafür und geht mittlerweile auch schon länger in Therapie.

Schon in der Schulzeit verbrachte Tom lieber Zeit mit jüngeren

Dabei war Tom damals in meinen Augen ein normaler Jugendlicher. Er war nie besonders auffällig in der Schule, meist relativ ruhig. Ein Einzelgänger, der zunächst seine Pausen lieber allein verbrachte. Von seinen Lehrern wurde er immer gelobt für seine gute Mitarbeit. Nur in seiner Klasse konnte er nicht richtig Anschluss finden. Später wurde mir in einem Eltern-Lehrer-Gespräch gesagt, Tom würde lieber den Kontakt zu Schülern in unteren Klassen suchen. Damals war er gerade in der 10. Klasse, als er sich mit Schülern aus den Stufen der siebten oder achten Klassen traf. Ich dachte mir aber nichts dabei. Es war ja gut möglich, dass er sich einfach nicht mit Gleichaltrigen verstand. Schließlich gingen diese bereits auf Partys, rauchten schon oder tranken Alkohol. Dafür ließ sich Tom nicht begeistern. Ich weiß noch, dass er Paul und Bianca aus der siebten Klasse ganz nett fand. Die beiden kamen dann auch regelmäßig zu uns nach Hause. Ich fand es schön zu sehen, dass er Freunde gefunden hatte, das Alter spielte ja keine Rolle. Oder eben doch, wie mir Jahre später im Nachhinein bewusstwurde.

Tom machte eine Ausbildung zum Kinderkrankenpfleger

Dann ging die Schulzeit zu Ende und Tom entschied sich nach seinem Abitur eine Ausbildung zum Kinderkrankenpfleger zu machen. "Das finde ich wirklich klasse, dass du was mit Kindern machen möchtest und dich sozial engagierst", habe ich ganz stolz zu ihm gesagt. Ohne zu ahnen, dass seine Berufswahl nicht zufällig gewählt war.

Tom war ein toller Kinderkrankenpfleger. Wenn ich ihm hin und wieder mal bei der Arbeit besuchte, kümmerte er sich wirklich so liebevoll um die Kleinen, viele von ihnen waren ziemlich krank. Er schenkte ihnen wieder ein Lächeln, las ihnen mit ganz viel Herzblut vor und spielte mit ihnen. Auch von seinen Kolleginnen hörte ich immer wieder: "Tom erbringt so tolle Leistungen. Keiner geht so gut mit den Kindern um wie er." Es konnte ja niemand in seinen Kopf hineinschauen und seine wahren, perversen Absichten hinter solch vermeintlich harmlosen Handlungen erkennen.

Auf dem Boden lagen überall Fotos von Kindern

Es war kurz nach Toms 21. Geburtstag, an einem Mittwochmittag. Mein Mann Joachim* und ich waren gerade aus unserem einwöchigen Urlaub auf Gran Canaria zurück. Tom, der noch immer bei uns wohnte, hatte in dieser Zeit das Haus gehütet. Er war die Woche über ganz alleine gewesen. Eine Beziehung hatte er nicht, überhaupt hatte er noch nie ein Mädchen mit nach Hause gebracht und sie als seine feste Freundin vorgestellt. Aber womöglich, dachte ich damals noch, war er ja schwul. Was für mich auch überhaupt nicht schlimm gewesen wäre. Doch an dem Tag, als wir wieder nach Hause kamen, brach über mir der Himmel zusammen.

Ich wollte Tom nach unserer Ankunft in seinem Zimmer begrüßen, wir waren ein paar Stunden früher zurück als geplant. Doch er war nicht zuhause. Stattdessen fand ich ein chaotisches Zimmer vor. Überall lagen zusammengeknüllte Papiertücher auf dem Boden, umgedrehte Fotos daneben. Was war das alles? Aus Neugier hob ich eines der Fotos auf. Darauf war ein kleiner Junge zu erkennen, etwa 5 Jahre alt. Der Junge lag in einem Krankenbett und schlief. Er hatte nur eine Unterhose an. Ich schaute mir noch weitere Bilder an. Auf allen waren Kinder zu sehen. Es sah danach aus, als stammten diese Bilder von der Station, auf der Tom arbeitete. Und auf allen Bildern hatten die Mädchen und Jungs nur wenig an. Ich verstand die Welt nicht mehr. Was wollte Tom bloß mit diesen Bildern? Und was sollten die ganzen benutzen, zerknüllten Papiertücher? Da traf es mich wie ein Schlag und es dämmerte mir.

Die schreckliche Erkenntnis: Mein Sohn ist pädophil

Von einer auf die nächste Sekunde war ich nur noch angeekelt, von dem was ich da sah und in den Händen hielt. Mir wurde speiübel. Ich musste so schnell wie möglich aus diesem Zimmer raus. Das konnte alles nicht wahr sein. Ich wagte kaum in meinen Gedanken meine Vermutung zu äußern: War mein Sohn pädophil? Hoffentlich war das nur ein furchtbarer Albtraum, aus dem ich bald wieder erwachen würde.

Doch ich wurde leider nicht wach. Stattdessen holte mich unsanft die Realität ein, als Tom plötzlich nach Hause kam. "Hey Mama, schön dass ihr wieder da seid", rief er überglücklich als er mich sah und umarmte mich freudestrahlend. "Hattet ihr einen schönen Urlaub? Ich wäre so gerne mitgekommen. Gran Canaria muss einfach wunderschön sein." Doch anstatt ihm zu antworten, erbrach ich mich plötzlich vor ihm. Als sich mein Magen wieder beruhigt hatte, sah Tom mich nur besorgt und fragend an. Dann brach ich in Tränen aus. "Bitte sag mir, dass das nicht wahr ist, Tom", und schaute ihn fast schon flehend an. "Was meinst du?", entgegnete er völlig perplex. "Die Bilder und die benutzten Papiertaschentücher in deinem Zimmer. Erkläre es mir." Tom wurde ganz blass. Ich sah ihm an, dass er sich richtig ertappt fühlte. Aber ich wollte die Antwort in dem Moment gar nicht hören. Plötzlich stieg Wut in mir auf. "Verschwinde", schnauzte ich ihn laut an. "Du ekelst mich an. Ich will dich nicht mehr sehen. Du bist nicht mehr mein Sohn."

Ich hatte meinen eigenen Sohn verloren

Tom zog tatsächlich nach diesem Tag aus und suchte sich eine kleine Wohnung. Wir sahen uns ein ganzes Jahr lang überhaupt nicht. Es brach mir das Herz, meinen eigenen Sohn so verloren zu haben. Langsam machten sich Selbstzweifel in mir breit. War ich zu streng gewesen? Oder war ich gar schuld, dass er eine solche Sexualstörung überhaupt entwickeln konnte? In wenigen Tagen stand sein Geburtstag an und ich überlegte, wie ich wieder zu Tom durchringen könnte. Ich fasste Mut und wollte das Gespräch mit ihm suchen. Schließlich hatte ich ihn ein Jahr zuvor kaum zu Wort kommen und sich erklären lassen. Ich backte einen Kuchen für ihn und lud ihn in sein altes Zuhause ein. Kurz dachte – nein hoffte ich, dass er überhaupt nicht kommen würde. Doch da war er. Ein bisschen schlecht war mir dabei schon, ihn wieder zu sehen. Aber ich wollte ihm endlich die Chance geben, seine Sicht zu erzählen. Und das tat er: Schon früh hatte er gespürt, dass er sich zu Jüngeren sexuell angezogen fühle und kein Interesse an sexuellen Erfahrungen mit Leuten in seinem Alter habe. Die Idee zu seiner Ausbildung war wie ein Ruf, dem er gefolgt war. Er hatte die Kinder auf seiner Station so gerne beobachtet, Bilder von ihnen gesammelt, sich um sie gekümmert. "Aber ich habe sie niemals zu irgendetwas genötigt oder sie falsch angefasst, Mama", beschwor er mir. "Das musst du mir glauben." Das tat ich. Auch wenn ich die Vorstellung immer noch widerwärtig fand, dass mein Sohn auf Kinder stand. Aber ich glaubte ihm auch als er mir sagte, dass er nie weitergehen würde.

Ich versuchte ihn zu verstehen und ihm zu helfen

Ich beschäftigte mich intensiver mit dem Thema Pädophilie und fand heraus, dass es mehrere Formen der Sexualstörung gab. Tom war pädophil, empfand also Erregung bei Kindern vor der Pubertät. Doch er war nicht pädosexuell, denn er lebte seine sexuellen, umstrittenen Fantasien – wie er mir versprach – nicht körperlich aus. Von Pädosexualität spricht man erst dann, wenn ein Pädophiler seine Fantasien in die Tat umsetzt. Dazu gehörte, wie ich las, auch schon online entsprechendes Material zu konsumieren, das Missbrauch von Kindern abbildet. Tom fühlte sich schlecht mit dieser Sexualstörung zu leben, das spürte ich. Er tat mir beinah schon leid. Immerhin hatte er sich das auch nicht ausgesucht. Auch wenn ich diese sexuelle Neigung als absolut unnatürlich empfand, wollte ich meinem Sohn trotzdem helfen. Außer Joachim und mir wusste sonst niemand darüber Bescheid. Wir suchten gemeinsam einen Psychotherapeuten auf, der auf solche Sexualstörungen spezialisiert war.

Zwischenzeitig kündigte Tom auch seinen Job als Kinderkrankenpfleger, was ihm wirklich nicht leichtfiel. Schließlich liebte er die Arbeit mit den Kindern, aber genau deshalb wollte er auch kein Risiko eingehen, dass er eventuell eines Tages doch übergriffig werden könnte. Stattdessen machte er noch eine Weiterbildung zum Altenpfleger. Die soziale Ader durfte weiterleben, eben nur ohne Risiko. Der Psychotherapeut half Tom sehr und war stolz auf seine Entwicklung. Nicht viele Betroffene gestehen sich ein, dass sie eine Störung haben und gehen damit in Therapie. Bis heute blieb Tom Tat-frei und er geht auch in seinem Beruf als Altenpfleger richtig auf. Er wird auch niemals sexuelle Erfahrungen machen können, außer er findet eines Tages die oder den richtigen in seinem Alter und kann eine "normale" Beziehung eingehen. Bis dahin bleibt sein Geheimnis gut bewahrt in unserer Familie. Denn wenn das eines Tages ans Licht kommt, würde Tom dadurch alles verlieren.

Das sagt der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Prof. Dr. med. Dr. phil. Klaus Michael Beier ist Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin an der Charité in Berlin und unser Experte zum Thema Pädophilie. Im Interview mit Liebenswert gibt der Mediziner Tipps und Ratschläge, wie man als Mutter – wie Michaela – mit einer solchen Situation umgehen kann.

Der deutsche Mediziner Klaus Michael Beier - Foto: IMAGO / argum

Unser Experte zum Schicksal der Woche: Klaus Michael Beier

Klaus Michael Beier ist ein deutscher Mediziner, Psychotherapeut und Sexualwissenschaftler und arbeitet an der Charité – Universitätsmedizin in Berlin. Als Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin hat er bereits zahlreiche Bücher herausgebracht, etwa: Sexualmedizin: Grundlagen und Klinik sexueller Gesundheit. Außerdem ist er Leiter des Berliner Standorts und Sprecher des Netzwerks "Kein Täter werden".

Der 1961 geborene Facharzt initiierte an der Charité das vielfach ausgezeichnete "Präventionsprojekt Dunkelfeld" und erhielt das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für seine Leistungen in der sexualwissenschaftlichen Forschung und für sein Engagement, Menschen mit pädophiler Orientierung durch eine Therapie davon abzuhalten, zum Täter zu werden. Telefonisch erhalten Sie Hilfe unter 030 450 529 450.

Ab wann gilt man wirklich als pädophil?

Es gibt zwei Begriffe, um zu beschreiben, wenn jemand von sehr jungen Körpern sexuell angezogen wird: Pädophilie, die Ausrichtung auf das vorpubertäre Körperschema und Hebephilie, die Ausrichtung auf das frühpubertäre Körperschema. Diese Begriffe sind medizinische Diagnosen und haben nichts mit Gesetzen zu tun. Um als pädophil oder hebephil eingestuft zu werden, muss jemand mindestens 16 Jahre alt sein und mindestens 5 Jahre älter als das Kind. Bei Jugendlichen ab 16 Jahren sollte man auch ihre emotionale und geistige Reife berücksichtigen, bevor man diese Diagnose stellt.

Laut einem Handbuch für psychische Störungen hat jemand eine "pädophile sexuelle Orientierung", wenn er über 6 Monate hinweg wiederholt starke sexuelle Gedanken oder Handlungen gegenüber sehr jungen Kindern hat. Wenn diese Gedanken oder Handlungen Probleme oder Stress verursachen, spricht man von einer "pädophilen Störung". Wenn jemand tatsächlich ein Kind missbraucht, gilt das auch als "pädophile Störung", selbst wenn der Betreffende selbst kein Problem darin sieht. Aber wenn jemand nur solche Gedanken hat, nie danach handelt und keine Probleme dadurch hat, hat er nur eine "pädophile sexuelle Orientierung" und nicht die Störung.

Wie gehen Sie mit Betroffenen um, die noch kein Täter wurden?

Das Therapieprogramm von "Kein Täter werden" hat das Hauptziel, sexuellen Kindesmissbrauch zu verhindern. Es hilft den Teilnehmern, ihr Verhalten und ihre sexuellen Gedanken zu kontrollieren. Das Programm lehrt sie, gesündere Wege zu finden, um ihre Bedürfnisse adäquat zu verarbeiten und fördert Mitgefühl für Opfer von Kindesmissbrauch. Es zeigt auch, wie man starke Beziehungen aufbaut und wie man verhindert, in schädliche Verhaltensweisen wie zum Beispiel die Nutzung von Missbrauchsabbildungen, sogenannter Kinderpornografie, zurückzufallen.

Sind Pädophile in Ihren Augen nur Opfer ihrer Triebe, sexuellen Fantasien und Begierden?

Die sexuellen Vorlieben einer Person – die Sexualpräferenz – einschließlich der Anziehung zu bestimmten Körperschemata oder Geschlechtern, sind relativ stabiler Teil der Persönlichkeit. Menschen sollen folglich nicht für das, was sie sexuell anziehend finden, verurteilt werden, aber sie sind verantwortlich für ihr Verhalten. Wenn jemand sexuelle Gedanken gegenüber Kindern hat, bedeutet das normalerweise, dass er sein ganzes Leben lang lernen muss, diese Gedanken zu kontrollieren und sein Verhalten zu regulieren.

In welchem Maße ist Pädophilie noch "in Ordnung", ab wann ist eine Grenze überschritten?

Pädophilie als sexuelle Präferenz ist nicht gleichbedeutend mit Handlungen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Die ethische und rechtliche "Grenze" wird jedoch überschritten, wenn jemand aufgrund dieser Neigung Handlungen vornimmt, die ein Kind in irgendeiner Weise schädigen oder ausbeuten, einschließlich des Konsums von Missbrauchsabbildungen.

Ist Pädophilie "heilbar" bzw. vollständig therapierbar und wie lange dauert es, bis ein Betroffener therapiert ist?

Nach dem, was wir heute wissen, kann man die sexuelle Präferenz einer Person nicht verändern. Nach der Behandlung fühlen sich die Teilnehmer weniger einsam und zeigten bessere Fähigkeiten, ihre Bedürfnisse adäquat zu regulieren. Sie hatten mehr Mitgefühl für Opfer, weniger schädliche Einstellungen, mehr Selbstvertrauen und waren weniger durch sexuelle Vorstellungen vereinnahmt. Das Therapieangebot von "Kein Täter werden" ist auf 12 Monate angelegt, kann aber in der Dauer individuell variieren. Es wird stets versucht, den sozialen Empfangsraum zu erweitern, um einer nicht selten drohenden Vereinsamung entgegenzuwirken. Es gibt zudem ein Nachsorgeangebot, das bei Bedarf jederzeit in Anspruch genommen werden kann.

Was kann man an Michaelas Stelle als Mutter machen?

Michaela sollte ihren Sohn ermutigen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt spezialisierte Therapieangebote, die sich mit dieser Problematik befassen und Strategien für eine sichere Verhaltenskontrolle vermitteln sowie helfen die psychischen Belastungen der Betroffenen zu verringern. Michaela könnte auch von einer Beratung profitieren, um Verständnis und Unterstützung in dieser schwierigen Situation zu erfahren.

Wie kann man erste pädophile Anzeichen schon in Jugendjahren erkennen?

Eine pädophile und/oder hebephile sexuelle Ansprechbarkeit tritt bei der Mehrheit der Betroffenen in der Pubertät bzw. Adoleszenz erstmals auf oder wird wahrgenommen und kann hiernach als ein relativ stabiles klinisches Phänomen betrachtet werden. Jugendliche, die eine sexuelle Ansprechbarkeit auf Kinder feststellen, haben oft nur negative Vorbilder für ihre sexuelle Identität, da diese meist als sozial isolierte und gesellschaftlich abgeschriebene "Triebtäter" dargestellt werden. Dies kann zu Gefühlen von Schuld, Scham und Zurückweisung führen. Der Konsum von sexuellen Missbrauchsabbildungen – oft verharmlosend als "Kinderpornografie" bezeichnet – kann ein Anzeichen für das Vorliegen einer Pädophilie sein.

Hätte Michaela etwas in ihrer Erziehung bei Tom ändern müssen damals, um zu verhindern, dass er pädophil wird?

Pädophilie sollte als Schicksal und nicht als Wahl betrachtet werden. Dies bedeutet, dass sie wie alle anderen sexuellen Ausrichtungen nicht willentlich beeinflussbar ist und auch durch Erziehung oder Umweltfaktoren nicht kausal hervorgebracht wird.

Was sollte man als Angehöriger auf keinen Fall tun?

Einige Eltern können Schwierigkeiten haben, die sexuelle Präferenz zu akzeptieren. Es ist aber wichtig, dass Angehörige die Realität der Situation anerkennen und Rückhalt vermitteln. Dies ist Teil der therapeutischen Arbeit in unserem Angebot für Jugendliche. Angehörige sollten unangenehme Themen grundsätzlich nicht vermeiden, da sie das Rollenmodell für das betroffene Familienmitglied sind. Insofern ist es hilfreich, wenn diese wirklich zuhören und nicht vorschnell urteilen.

Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen finden in Deutschland und der Schweiz anonyme und kostenfreie Hilfe bei "Kein Täter werden".

 Menschen, die in der Kindheit und Jugend sexuelle Gewalt erfahren haben, finden Hilfe und Informationen beim Hilfeportal Missbrauch.

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*Namen von der Redaktion geändert