Das Ohr

Der Zuhörer-Kiosk: Christoph Busch hört einfach zu

Der Zuhörer-Kiosk in Hamburg scheint einen Nerv getroffen zu haben. Christoph Busch leiht Fremden sein Ohr und hört ihnen zu.

Christoph Busch in seinem Zuhörer-Kiosk.
Christoph Busch in seinem Zuhörer-Kiosk. Foto: Christoph Busch
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Christoph Busch hat für jeden ein offenes Ohr

Wer an der U-Bahnstation Emilienstraße in Hamburg aussteigt, kommt an dem Zuhör-Kiosk kaum vorbei, ohne darauf aufmerksam zu werden. Christoph Busch macht das, was viele von uns vermissen. Er nimmt sich Zeit und hört zu. Im Gespräch mit Liebenswert hat er verraten, wie es zu diesem ungewöhnlichen Projekt kam: "Ich steige an dieser U-Bahnstation gelegentlich ein und habe durch Zufall gesehen, dass dort ein Schild "zu vermieten" hängt. Da dachte ich mir, ich setze mich dahin und schreibe und höre vielleicht ab und zu ein paar Geschichten. Ich bin gar nicht von vornherein mit dem Vorsatz hingegangen, den Leuten zuzuhören. Dann habe ich den Kiosk gemietet und während ich renoviert habe, kamen viele Leute vorbei und wollten wissen, was ich dort mache, ob ich etwas verkaufe. Ich habe ihnen gesagt, dass ich Drehbuchautor bin und hoffe, ab und zu ein paar Geschichten zu hören. Das fanden die Menschen toll, dass da jemand zuhört. Vielen fehlt jemand, der ihnen einfach nur zuhört und so habe ich mich entschlossen den Kiosk "Das Ohr" zu nennen und den Menschen zuzuhören."

Der Zuhör-Kiosk in der U-Bahnstation Emilienstraße in Hamburg. Foto: Christoph Busch

Der Zuhörer-Kiosk kommt gut an, das offene Ohr wird dankbar angenommen

Die Resonanz ist durchgehend positiv, der Zuhörer-Kiosk erfreut sich großer Beliebtheit. Christoph Busch erinnert sich: "Anfang Januar hatte ich mich das erste Mal in den Kiosk gesetzt. Ich wollte an einem Projekt arbeiten, aber nach einer Stunde kam jemand. Und seitdem ist immer jemand da, der mir etwas erzählen möchte. Mein Ohr, ich höre nur auf einem, hat immer zu tun. Es kommt eigentlich jeder, von 16 Jahren an aufwärts hin zu Neunzigjährigen, ganz verschiedene Menschen. Ich habe noch nicht genau nachgezählt, aber es kommen etwas mehr Frauen."

Der Zuhörer ist kein Therapeut, aber er spendet traurigen Seelen Trost

Christoph Busch betont, dass er kein Therapeut ist. Trotzdem hilft er mit seinem Kiosk. Fröhliche Geschichten bekommt der Zuhörer selten zu hören. Wer glücklich ist, hat meistens keinen Redebedarf. Aber der Mann mit dem offenen Ohr tröstet sich damit, dass sein Gegenüber nach einem Besuch in seinem Kiosk ein bisschen glücklicher ist. Etwas Ballast von seiner Seele abwerfen konnte. Einfach, weil ihm jemand zugehört hat. Denn oft ist es so, dass eine Situation festgefahren ist. Das eigene Umfeld regiert nicht mehr empathisch auf die Sorgen, sie können es nicht mehr hören und der Betroffene ist allein mit seinen Gedanken. Hier fängt Christoph Busch auf, gibt Raum für diese Sorgen und lässt die Seele etwas leichter werden. Und manchmal kommt es vor, dass jemand wiederkommt, um Christoph Busch zu erzählen, wie es ihm ergangen ist. Diese Aufgabe ist nicht immer einfach für Christoph Busch. Als Belastung sieht er seine Aufgabe jedoch nicht an: "Natürlich werde ich nach vier Stunden voll trauriger Geschichten traurig. Ich sitze da nicht wie ein Roboter und sehe mir die Gefühle anderer an. Das ist dann schon anstrengend. Das heißt aber nicht, dass das schlimm ist."

Mit diesem Flyer ird auf den Zuhörer-Kiosk aufmerksam gemacht. / Blick in die Auslage. Foto: Christoph Busch

Ursprünglich hatte Christoph Busch den Kiosk nur für sechs Monate gemietet. Er hat aber bereits mit der Hamburger Hochbahn besprochen, dass er weiter macht. Das offene Ohr in der U-Bahnstation wird für jeden, der es braucht, erhalten bleiben.

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