Hunderttausende Rentner nutzen Anspruch auf Grundsicherung nicht
Weil vielen Rentnern das Ausfüllen komplexer Anträge zu schwierig ist, verzichten sie auf eine Grundsicherung zusätzlich zur Rente. Der Staat spart dadurch rund 10 Milliarden Euro.
Traurig, aber wahr: Rund eine halbe Million Rentner*innen benötigen nach jahrelanger Arbeit zusätzlich zu ihrer gesetzlichen Rente eine so genannte Grundsicherung, um ihren Lebensunterhalt zu decken.
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Eine Studie des ifo Instituts München kam nun allerdings zu dem Ergebnis, dass gut eine weitere halbe Millionen Rentner*innen diese Grundsicherung dringend benötigt - auf die Beantragung aber verzichtet. Der Grund: Das Ausfüllen der Anträge ist für die Senior*innen zu schwierig.
Einfachere Beantragung der Grundsicherung gefordert
"Das System ist zu kompliziert", moniert ifo-Forscher Andreas Peichl. "Es wirkt, als wäre es gemacht, um es den Empfängern schwer zu machen." Demnach gebe es rund 175 verschiedene Bestimmungen, die bei der Beantragung der Grundsicherung beachtet werden müssten. "Das muss vereinfacht werden auf fünf", fordert er. Die Formulare, die zum Teil 200 Seiten umfassten, würden von niemandem mehr verstanden.
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6 bis 10 Milliarden Euro spart der Staat schätzungsweise durch die Nicht-Beantragung der Grundsicherung, die den Renter*innen eigentlich zustehen würde.
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Anspruch künftig durch Ämter prüfen lassen?
Bei dem grundsätzlichen Anspruch auf eine Grundsicherung spielen mehrere Faktoren eine Rolle - der Familienstand, die Wohnsituation oder das persönliche Vermögen der Betroffenen etwa können ausschlaggebend sein. Hat jemand einen Anspruch, kann er auf eine Aufstockung seiner Rente um durchschnittlich 460 Euro im Monat hoffen.
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Das Münchner ifo Institut fordert, dass der Anspruch in Zukunft automatisch von den Arbeitsagenturen und Finanzämtern geprüft wird. Berechtigte müssten dann nur noch erklären, dass ihr Privatvermögen eine bestimmte Summe nicht übersteigt.
Laut eines Berichts von 'Tagesschau.de' steigt die Zahl der Menschen, die von Altersarmut betroffen sind, kontinuierlich. Mehr als 564.000 Deutsche haben Ende vergangenen Jahres Grundsicherung erhalten. Dies sei ein Rekordwert und damit auch der höchste Stand seit der Einführung der Grundsicherungsleistung im Jahr 2003. Besonders häufig hätten Frauen den Antrag gestellt.